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Wie die Bio-Hofbäckerei Mauracher zum attraktiven Arbeitgeber wurde - Gespräch mit Andreas Eder

09.01.2024
Anna Wolfmayr im Gespräch mit Geschäftsführer Andreas Eder, Bio-Hofbäckerei Mauracher - ein attraktiver Arbeitgeber

Als HR-Expertin werde ich momentan häufig von Unternehmerinnen und Unternehmern gefragt, wie sie ihr Unternehmen zu einer attraktiven Arbeitgebermarke entwickeln können, um der zunehmend schwierigeren Arbeitskräftesuche entgegenzuwirken. Natürlich kenne ich mit 20 Jahre HR-Erfahrung unzählige Ansatzpunkte, um diese Herausforderung erfolgreich anzugehen. Allerdings gibt es niemanden, der diese Botschaft glaubwürdiger vermitteln könnte als Gewerbetreibende, die bereits als attraktive Arbeitgeber wahrgenommen werden.

Wie das gehen kann, habe ich Andreas Eder, Geschäftsführer der Bio-Hofbäckerei Mauracher gefagt.

Letzten Herbst hat es mich auf einem Praxistag mit Andreas Eder zusammengeführt, der sein Unternehmen als Musterbeispiel für einen attraktiven Arbeitgeber präsentierte. Am 8. Februar hatte ich das Vergnügen, Andreas zu interviewen, der gemeinsam mit seiner Familie die Bio-Hofbäckerei Mauracher im oberösterreichischen Sarleinsbach betreibt. Der Hof, dessen Eigentümer Josef und Elisabeth Eder sind, befindet sich inmitten des hügeligen Mühlviertels, wo das Getreide noch in seiner ursprünglichen Form angebaut wird. Andreas Eder, der 34-jährige Sohn, gelernter Bäckermeister und Geschäftsführer des Unternehmens, beschreibt das hofeigene Saatgut als ein Juwel, das die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vereint. Das Getreide wird zu Mehl gemahlen und zu köstlichem Brot und Gebäck verarbeitet. Dabei wird mit viel Herzblut und in Kreislaufwirtschaft gearbeitet, wobei alle Erzeugnisse am Hof reine Naturprodukte in Bio-Qualität sind. Die Familie legt großen Wert auf den verantwortungsvollen Umgang mit der Natur und einen sorgsamen Umgang mit Lebensmitteln. Diese Wertehaltung spiegelt sich auch in der Unternehmenskultur wider, sowie im Umgang mit den Mitarbeitern und Kunden.

"Der beste Weg, einen Freund zu haben ist, selbst einer zu sein und dir selbst einer zu sein."

Andreas Eder

Die Unternehmenskultur ist von einer starken Wertehaltung geprägt

In seiner Wertehaltung wird Andreas Eder von der Vorstellung geleitet, wie man Freundschaften aufbaut und aufrecht erhält: Indem man selbst ein guter Freund ist und bereit ist, für andere das zu tun, was man von ihnen erwartet. Ihm ist wichtig, auf die eigene Gesundheit und das Wohlbefinden zu achten. Andreas verbringt viel Zeit in der Natur, isst gesund und genießt Aktivitäten wie Radfahren, Wald- und Forstarbeit, Arbeiten mit dem Bagger und im Stall.

Seine Lernfelder liegen darin, Dinge loszulassen und zu delegieren, um mehr Zeit für seine Herzensprojekte zu haben: Andreas Eder setzt sich dafür ein, dass alle Produkte auf dem Biohof Mauracher in Kreislaufwirtschaft hergestellt werden, um die Umwelt zu schonen. Darüber hinaus interessiert er sich für den Zusammenhang zwischen Ernährung und psychischer Gesundheit.

Hier sind die Antworten auf meine Fragen rund um die Arbeitgeber-Attraktivität von Bio-Hofbäckerei Mauracher:

Andreas Eder als Referent beim Praxistag Attraktiver Arbeitgeber 2022 im WIFI Linz (Bildquelle: cityfoto)

Als du die Einladung als Redner "Good Practice Attraktiver Arbeitgeber" erhalten hast, was war dein Gefühl?

Ich war natürlich erfreut darüber, dass die Organisatoren meine Erfahrungen und mein Unternehmen als Beispiel für einen attraktiven Arbeitgeber präsentieren wollten. Doch für mich stand bei meiner Zusage nicht nur im Vordergrund, mein Wissen und meine Erfahrungen mit anderen zu teilen, sondern vor allem auch von den Teilnehmern im Raum zu lernen und mich auf neue Perspektiven und Ideen einzulassen. Ich bin dankbar für die Chance, meine Erfahrungen weiterzugeben und auch selbst noch etwas zu lernen.

Attraktiver Arbeitgeber: war das schon dein Ziel bei der Übernahme?

Der Umkehrschluss ist nicht, dass wir ein unattraktiver Arbeitgeber waren. Wir hatten jedoch wie viele andere Unternehmen auch Schwierigkeiten, neue Team-Mitglieder zu finden, insbesondere in einem Bezirk mit der geringsten Arbeitslosenquote.

Als ich die Geschäftsführung übernommen habe, hatte ich nicht explizit das Ziel vor Augen, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Vielmehr war es mein Bestreben, ein Unternehmen zu schaffen, in dem ein gutes Betriebsklima und Zusammenhalt herrschen. Ich habe mich gefragt, wo ich selbst gerne arbeiten würde und daraus ergab sich für mich die klare Vorstellung, ein Unternehmen mit guter Stimmung und Freude am Arbeiten zu führen.

Doch die Pandemie brachte bedeutende Veränderungen mit sich, die auch Auswirkungen auf das Unternehmen hatten. In dieser herausfordernden Zeit war es mir besonders wichtig, Ängste abzufedern und den Mitarbeiter*innen Sicherheit zu geben. Gemeinsam mit meinem Team haben wir smarte Lösungen erarbeitet, die Anlagen umgestellt und die Produktion optimiert. Dabei haben wir die hierarchische Ordnung aufgebrochen und es entstand ein "Miteinander". Jeder wurde bei der Planung mit einbezogen, auch die Lehrlinge und nicht nur die Führungskräfte. Diese "Miteinander"-Kultur hat in der Pandemie gezeigt, dass wir auch in schwierigen Zeiten zusammenhalten und das Unternehmen voranbringen können.

Diese Veränderungen verliefen nicht ohne Reibungen und führten auch zu personellen Veränderungen. Dennoch habe ich aus dieser Erfahrung viel gelernt und erkannt, welche Chancen in einem gestärkten Teamgeist und Zusammenhalt liegen.

Was sind die wesentlichsten Elemente, die sich im Unternehmen geändert haben?

Das ist nicht von heute auf morgen geschehen. Das ist viel Arbeit. Da gehört sicher einmal die offene Kommunikation und das Vertrauen dazu. Wir haben uns bemüht, eine offene Kultur zu schaffen, in der die Mitarbeiter*innen wissen, dass sie gehört werden und ihre Meinung zählt. Dazu gehört auch, dass wir uns Zeit nehmen, um unseren Mitarbeiter*innen zuzuhören und ihnen Vertrauen entgegenbringen. Die Mitarbeiter*innen müssen wissen, dass sie sich auf dich verlassen können und du weißt, dass du auf sie zählen kannst.

Ganz wichtig ist, den ganzen Menschen zu sehen und nicht nur seine Position im Unternehmen. Die größte Kunst, meiner Ansicht nach, in der Mitarbeiterführung. Fokus auf die Mitarbeiter: Wir betrachten unsere Mitarbeiter*innen als Freunde und legen großen Wert darauf, dass sie zu uns passen und hinter dem stehen, was wir machen. Wir setzen auf den Menschen und nicht nur auf den Lebenslauf oder die Ausbildung. So haben wir auch schon eine Außendienstposition mit einem Kandidaten ohne Außendiensterfahrung besetzt, weil wir von der Person als Ganzes überzeugt waren.

Die Zahl der Initiativbewerbungen und der Response auf ausgeschriebene Positionen bestätigt uns den Ruf als attraktiver Arbeitgeber: 85 Bewerbungen für eine ausgeschriebene Außendienst-Position.

Der Mauracher Hof im oberösterreichischen Sarleinsbach zwischen sattgrünen Weiden und Feldern. Bei meinem Besuch im Februar gab es ein Schneegewitter.

Wenn ich bei Mauracher arbeite, was erlebe ich da? Gibt es etablierte Personalprozesse?

Wir sind natürlich ein kleines Unternehmen, aber ja, wir haben für jede Position eine Stellenbeschreibung. Momentan haben wir 55 direkte Mitarbeiter*innen im Unternehmen und weitere 18 Personen sind bei Partner-Unternehmen im Logistikbereich beschäftigt.

Um neue Mitarbeiterinnen bestmöglich zu integrieren, haben wir einen Onboarding-Prozess. Zu Beginn arbeiten alle neuen Mitarbeiter*innen in allen Bereichen mit, um die Abläufe und Prozesse im Unternehmen zu verstehen. Eine Onboarding-Mappe und der Produktkatalog dienen dabei als Orientierungshilfe. Die Einführung ins Unternehmen erfolgt durch die jeweilige Führungskraft des Bereichs oder durch mich persönlich.

Besonders wichtig sind mir die Offboarding-Gespräche, die ich mit jedem ausscheidenden Mitarbeiter führe. Diese dienen nicht nur dazu, mich zu bedanken und Wertschätzung für die geleistete Arbeit zu zeigen, sondern auch um Feedback zu erhalten und zu verstehen, warum der Abschied erfolgt.

Wenn ich einen Mitarbeiter bei Mauracher frage, was ihm an seinem Arbeitgeber gefällt: was wäre die Antwort?

Da findet jede Persönlichkeit einen anderen, jedoch für sich passenden Aspekt. Für den einen ist das Konzept genial, ein anderer mag das Team, für jemand anderen ist es der Zusammenhalt.

Eine Mitarbeiterin genießt es, dass sie alleine arbeiten darf und dieses persönliche Bedürfnis von ihr respektiert wird.

Was ist dein persönlicher Führungsstil?

Ich glaube, dass eine Herde Kühe zu führen, das beste Führungsseminar ist. Denn man kann eine Kuh nicht mit Worten führen, sondern nur mit Emotionen. In der Mitarbeiterführung geht es nicht nur um die gesprochenen Worte, sondern auch darum zu spüren, wie es dem anderen geht und ihm Perspektiven sowie Stütze bei Ängsten und Sorgen zu geben. Es ist mir wichtig, nicht wegzusehen, sondern gemeinsam hinzusehen und zu erkennen, wo mein Team gerade steht und die unterschiedlichen Sichtweisen abzustimmen.

Die persönliche Weiterentwicklung hat für mich schon immer einen hohen Stellenwert. Daher setze ich mich auch gerne mit mir selbst auseinander. Kontakt zu jedem Menschen in meinem Unternehmen ist mir wichtig, daher gehe ich jeden Tag durch jeden Unternehmensbereich und lebe im Unternehmen die Open Door Policy.

Durch einen partizipativen Führungsstil gelingt es mir, ein Thema zu einer gemeinsamen Sache zu machen. Meistens nehme ich dafür die Abstimmung am Montag, um dieses Thema anzusprechen und gemeinsam an der Lösung zu arbeiten und Entscheidungen zu treffen. Natürlich muss ich die Fahne setzen, wohin wir wollen und es braucht ein Ziel und Klarheit.

Mein Ziel ist es, Lebensmittel in bester Qualität zu produzieren und damit Menschen zu begeistern. Ich glaube daran, dass Lebensmittel, bei denen das Leben erhalten bleibt, eine große Bedeutung haben. Diese Zielsetzung wird von den drei Säulen getragen: der Psyche, der Ernährung und der Umwelt, die auch am Arbeitsplatz im Einklang sein sollen. Es ist mir wichtig, Menschen zu berühren und aus dieser Motivation ziehe ich meine Kraft und Energie.

Was lässt sich zu den Führungskräften sagen? Sind die in besonderer Weise geschult?

In der Unternehmensführung werde ich von 11 Führungskräften inklusive Teamleitern unterstützt. Wir legen großen Wert auf Wertschätzung und klare Kommunikation der Erwartungen an unsere Führungskräfte.

Für uns ist es wichtig, jeden Mitarbeiter als Individuum mit Stärken und Schwächen zu sehen und dementsprechend zu führen. Wir möchten, dass jede Führungskraft ihr Team so führt, dass es auch ohne sie weiterlaufen kann, damit sie sich für die Weiterentwicklung ihres Bereiches freispielen kann. Wir fordern von unseren Führungskräften, dass sie eine Vertretung organisieren können und haben auch Stellvertretungen in jedem Bereich, damit nach einem Urlaub jeder ohne Stress zurückkehren kann.

Außerdem haben wir für jede Führungskraft einen externen Berater oder Coach als Begleiter beigestellt, der von außen einen Blick auf den Bereich werfen und jederzeit angefragt werden kann. Dadurch möchten wir sicherstellen, dass wir uns stetig weiterentwickeln und verbessern können.

Was sind deine größten Herausforderungen der Zukunft, um den Titel "Attraktiver Arbeitgeber" zu verteidigen?

Stets dran zu bleiben und immer den Menschen im Fokus zu haben, das ist wohl die größte Herausforderung. Das bedeutet für mich, jeden Einzelnen dort abzuholen, wo er gerade steht, um gemeinsam an einer erfolgreichen Zukunft zu arbeiten. Ich denke, es ist wichtig, Menschen anzuziehen, die nicht nur im Job, sondern auch im Beruf ihre Berufung ausleben. Denn nur so können wir eine positive Arbeitsatmosphäre schaffen, die von Begeisterung und Teamgeist geprägt ist. Wenn es uns gelingt, diese Begeisterung und den Teamgeist aufrechtzuerhalten, können wir auch zukünftige Herausforderungen erfolgreich meistern.